„Null Honorar geht nicht“
Erfolgsmodell Atelierhaus: Gesprächsrunde im Kubus am 17.8.2025
Atelierhäuser sind schon eine feine Sache. Sie ermöglichen Künstlerinnen und Künstlern in einem eigenen Gebäude zu arbeiten – kombinieren Atelierbereiche, Treffpunkte und Raum für Netzwerkaktivitäten. Und bieten meist einen sicheren Rahmen für langfristiges kreatives Schaffen.
Ein Erfolgsmodell, für das das Atelierhaus Hannover steht: Es feiert in diesem Jahr 30-jähriges Jubiläum mit einer reichhaltig bestückten Ausstellung und einer hochkarätig besetzten Gesprächsrunde im Kubus zur Bedeutung von „Atelierhäusern für die Strukturförderung des Kunststandorts Hannover“.
Atelierhäuser machen viel Arbeit, sie müssen zuerst baulich erschlossen, später verwaltet und gemanaget werden, die Ausarbeitung von Verträgen gehört dazu wie eine umfassende Gebäudeunterhaltung. Das wurde früher, so Julia Schmid, Künstlerin im Atelierhaus Hannover, vor allem durch eine enorme Selbstausbeutung der Künstlerinnen und Künstler gewährleistet. 
Das will die jüngere Generation nicht mehr so einfach hinnehmen, wie die Kuratorin Theresa Tolksdorf und die Künstlerin Lea Schürmann vom aktuell geplanten Atelierzentrum Pomp deutlich machen: „Man muss die Finanzierung so aufstellen, dass genug Mittel für die Organisation eines Atelierhauses übrig sind“, findet Theresa Tolksdorf. Das würde sich lohnen, solche Häuser wie das Atelierzentrum und Atelierhaus Hannover seien auch deshalb wichtig, „damit Künstler nicht der Stadt verloren gehen“.
Für eine weitergehende Professionalisierung muss Geld da sein, meint  die Kunst- und Kulturwissenschaftlerin Anne Prenzler. „Es wird immer wichtiger, Arbeit in diesem Bereich zu bezahlen“, so die Leiterin des Kubus. Dabei geht es um Geld nicht nur für bürokratische Tätigkeiten, sondern ebenso für Aufbau und Gestaltung von Ausstellungen durch die Künstlerinnen und Künstler.
Dafür suchen die Atelierhäuser nicht nur bei Kommunen Unterstützung, zusätzlich auch bei Stiftungen - wie die der Sparkasse Hannover. Stiftungsleiter Stefan Becker hat da eine klare Ansicht: „Null Honorar geht nicht.“ Die Forderung nach mehr und vor allem überhaupt Geld sieht er auch als ein „Generationenthema“. Früher hätten Künstler auf eine Ausstellung hin gearbeitet, um so Sichtbarkeit und Chancen zu erzielen. Heute würde auch der Prozess bis dahin als zu bezahlende Arbeit angesehen. Er habe volles Verständnis, aber wie es bei allen gegenwärtigen Geldgebern ist, nur begrenzte Mittel, so Becker.
Andere Städte, andere Modelle: Mietverträge über 5 bis 7 Jahre, eine eigene Verwaltung, die nicht künstlerisch tätig ist, Ateliers mit wechselnden Künstlerinnen und Künstlern, mit eigenem Tonstudio, eigener Tischlerwerkstatt und Rotation, so sieht es aus im „Künstler:innenhaus Bremen“. Dessen Leiterin, die Kunst- und Medienwissenschaftlerin Janine Behrens, sieht dabei einen entscheidenden Unterschied zu anderen Atelierhäusern: „Wir haben eine professionelle Geschäftsführung und eine Gebäudeverwaltung, und bei uns sind alle Disziplinen vertreten, wir besitzen eine komplette Infrastruktur.“ Organisiert ist das Haus in Form eines Vereins, in dem sich die Künstlerinnen und Künstler umfassend zu engagieren haben: „Wir bieten eben keinen Full-Service mit All-Inclusive-Ateliers.“
Auf einer Vereinsstruktur und starkem Engagement ist auch das Atelierhaus Hannover aufgebaut, so Julia Schmid: „Wir haben so unglaublich viel an Eigenleistung reingebuttert, sonst wäre das die 30 Jahre gar nicht gegangen.“ Über allem hätte die Idee gestanden, „gemeinsam dafür zu sorgen, die jeweils eigene Kunst machen zu können“.
Am Schluss des Gesprächs stand eine Forderung nach dauerhaft bezahlbaren Ateliers und ein deutlicher Appell, Hannover noch mehr als Kulturstadt zu begreifen - und die Forderung nach einem „engagierten kulturpolitischen Dialog“.
Henning Queren, anlässlich des Podiumsgesprächs „Welche Bedingungen braucht künstlerische Produktion?“ am 17. August 2025 in der Städtische Galerie KUBUS, Hannover.